Sport-Unterschenkelprothese aus Karbonschrott
Um Euch zu zeigen, wie ich defekte Prothesenfüße "verwendbar" mache, einige Fotos + Bauanleitung.
1ter Versuch:
Bogen mit großem Radius aus mehrschichtigem thermoverformbarem Karbon.
Unten ist die Karbonferse eines Modular III.
Hat überhaupt nicht gut funktioniert und erzeugte Quietschgeräusche ohne Ende.
2ter Versuch:
Hier benutzte ich (unten) einen angebrochenen Modular III (leider sehr kurze Version). Diesen habe ich mit Federbandstahl und thermoverformbarem Karbon wieder haltbar gemacht.
Der Bogen oben auf dem Modular III ist aus thermoverformbarem Karbon mit Federstahl verstärkt hergestellt.
Die Form des Doppelbogens habe ich gewählt, um ausreichende Biegsamkeit für eine Joggingprothese zu erhalten.
1) Mit diesem Fuß ist "gehen" recht bequem.
2) "Laufen" bringt nicht die erwünschte Energierückgabe.
3) Durch die verschiedenen Materialien (Karbon, Metall, Thermokarbon) treten Quietschgeräusche auf. Hat auch mit den Spaltmaßen zu tun, da sich Federbandstahl ohne Spezialwerkzeug extrem schwer verformen und bohren lässt. Statt bohren habe ich später nur noch Schlitze geflext, was natürlich weniger präzise ist als bohren.
3ter Versuch:
Habe von einem sehr lieben Bekannten 2 nicht mehr benötigte Fusionfüße (ähnlich Modular III) zum Basteln erhalten.
Als Erstes habe ich mit geradem Federbandstahl und Thermokarbon den sehr kurzen Fusionfuß verlängert. Das ergab bereits eine gute Federwirkung, aber Federbandstahl und Carbon erzeugten...
a) laute Geräusche und
b) mit der Zeit verformte sich das Gebilde.
Der Fuß sah so aus:
Wegen der Einschränkungen also kein Ergebnis, welches mich zufrieden stellte.
4ter Versuch:
Als Nächstes habe ich an einem alten angebrochenen Össur Reflex Shock Fuß die Stoßdämpferhalterung abgeflext.
Das entstandene J (ohne Ferse) habe ich umgedreht auf den kurzen Fusionfuß geschraubt.
Da das umgedrehte J nicht waagerecht ist, habe ich die Pyramidenaufnahme "schräg" aufgeschraubt.
Diese ist drehbar und erlaubt so die Rotation des Fußes unter dem Schaft.
Um auf die exakt benötigte Höhe zu kommen, verwende ich Alu-Adapter.Mit dem Fuß und der weit vorstehenden Fußspitze unter dem Schaft konnte ich bereits gut laufen.
Um den Fuß auch in langen Hosen tragen zu können, habe ich die überstehende Fußspitze abgeflext.
5ter Versuch:
Von meinem lieben Bekannten habe ich einen 2. etwas längeren Fusionfuß erhalten, welcher eine Kategorie (3) härter ist, als im vorigen Projekt.
Auf den längeren Fusionfuß habe ich wieder das umgedrehte J gesetzt.
Um weniger Belastung vorn auf die Fußspitze zu bringen, habe ich einen dicken Keil als Abstandhalter zwischen die Karbonfüße geschraubt.
Der Alu-Adapter des vorigen Projektes ist zur Längenanpassung nicht mehr notwendig.
So wird mehr Karbon zur vollen Energierückgabe genutzt.
So sieht das Ergebnis von vorn und hinten aus.
Duschen ohne spezielles Badebein:
Durch Verkleben einer Haushaltstüte kann man mit dem Fuß auch Duschen. Zum Laufen ist die Tüte in die Fußkosmetik gesteckt. Vor dem Duschen wird sie über die Öffnung der Fußkosmetik ausgebreitet und leitet so das Wasser an der Öffnung vorbei.
Der Fusionfuß mit umgedrehtem Reflex Shock Fuß (leider angebrochen) bietet in diesem Aufbau ein sehr angenehmes Gehen und ein harmonisches Gangbild.
Das Ergebnis ist momentan einer meiner am liebsten getragenen Füße neben dem Reflex Shock von Össur.
Der Fuß wiegt incl. Schutzsocket und Fußkosmetik 850 Gramm, was im Vergleich zum Reflex Schock angenehm leicht ist
6ter Versuch:
Jetzt ein Projektfuß aus ca. 2014, welcher sehr individuell auf den Nutzer einstellbar ist.
Auf einen alten Össur Flex Walk habe ich einen Rohradapter geschraubt.
Auf dem Rohradapter befindet sich ein um 180 Grad gedrehter ähnlicher Fuß, bei welchem ich die gebrochene Vorfußfeder abgeflext habe.
Darauf habe ich einen Schiebeadapter + eine Pyramiedenaufnahme geschraubt, welche den Schaft aufnimmt.
Auf diesen beiden Fotos kann man gut die vielfältigen Verstellmöglichkeiten erkennen.
Links ist wieder die Haushaltstüte zu erkennen, welche über die Fußkosmetik gestülpt ein Duschen ohne Wassereintritt erlaubt.
Die 2 gebogenen Karbonfedern bieten eine sehr gute Dynamik.
Dieses Objekt benutze ich sehr gern als einzigen Fuß im Badeurlaub. Er bietet genügend Power zum Wandern und täglichen Gebrauch. Er ist leicht und ich kann damit im Meer schwimmen.
Im Meer baden würde ich mit meinem gefederten Össur Reflex Shock nicht, weshalb dieser im Urlaub zuhause bleibt !!!
Fazit:
Zum Badmintonspielen werde ich diese Projekte nicht nutzen, da sie wahrscheinlich schnell
Brechen würden. Frühere Modularfüße haben mir dies gezeigt.
Zum Joggen und Spazieren im schönen Münsterland ist das Ergebnis aber klasse.
Eine alte Schaumstoff-Beinkosmetik konnte ich schnell für diesen Fuß modifizieren, sodass die Prothese in langer Hose kaum auffällt. In Shorts lasse ich jede Kosmetik ab.
Zuständige Krankenkassen sparen durch solche Selbstbauten (aus Karbonschrott) enorme Kosten, welche sie für spezielle Sportprothesen tragen müssten.
Nochmals vielen Dank an den Spender der Fusionfüße.
Habe noch weitere Ideen, die ich in Zukunft umsetzen möchte. Evtl. kann ja sogar die Industrie aus solchen Projekten was ableiten?!
Lasst mir also bitte defekte oder nicht mehr benötigte (möglichst Sportfüße) zukommen. Evtl. entwickle ich ja einen Non-plus-Ultra-Mega-Heimwerk-Fuß.
Eventuelle Nachbauten bitte mit Hinweis auf meine Projekte.